Das einzige Kind in der Familie

Hallo,

unser Sohn ist das einzige Kind in der Familie. Er hat neben uns Eltern eine Uroma, Großeltern, Tanten und Onkel, die alle ganz vernarrt in ihn sind.

Eigentlich wunderschön. Aber manchmal mache ich mir Gedanken, was das mit ihm macht.

Hinzu kommt, dass er nicht sehr kontaktfreudig ist. Im Kindergarten gibt es zwei Kinder, mit denen er öfter spielt. Er möchte sich aber grundsätzlich nicht mit ihnen verabreden, da er immer sagt, dass er sie ja schon im Kindergarten gesehen hat. Dort beschäftigt er sich aber laut Erzieherinnen auch viel alleine.

Er ist in keinem Verein. Wenn er aus dem Kindergarten kommt, möchte er am liebsten den Nachmittag in Ruhe zuhause verbringen oder draußen mit Rollschuhen fahren. Wenn wir auf den Spielplatz gehen, sucht er dort auch nicht den Kontakt zu anderen Kindern, sondern es gleicht eher einer Vorführung.

Im Dezember wird er fünf Jahre alt. Wir haben in der Verwandtschaft gebeten, dass ihm jeder nur eine Sache schenkt. Weihnachten gilt dieselbe Regel. Trotzdem fühlt es sich jedes Jahr für mich wie eine Geschenkeflut an. Doch wäre es nicht verrückt, das aus pädagogischen Gründen zu ändern, wenn der Beschenkte und alle Schenkenden glücklich sind?

Auf Familienfesten denke ich manchmal, dass es schade ist, dass er das einzige Kind ist. Doch gleichzeitig gibt es immer jemanden (oder oft auch mehrere gleichzeitig), der sich mit ihm beschäftigt.

Wir richten uns viel nach ihm. Wenn er etwas möchte, kommt es sehr selten vor, dass wir das ablehnen. Manchmal muss er warten, aber wirklich unerfüllte Wünsche gibt es fast nie.

Denkt ihr, dass er es dadurch später im Leben schwerer haben könnte?

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Du machst dir verständlicherweise viele Gedanken. Aber zuerst einmal: kannst du an den Rahmenbedingungen etwas ändern?
Vielleicht bekommt ja in der Familie noch jemand Nachwuchs oder ihr selbst, vielleicht aber auch nicht. Das er so ein tollen und warmherziges Umgeld hat, ist doch toll!!
Und der Kitatag ist anstrengend!
Ich bin selbst Erzieherin und unsere Tochter (3) will auch danach (geht 4-5 Stunden) mit niemandem spielen. Nicht alle Kinder sind ausgeprägt Kontaktfreudig.
Macht dein Sohn auf dich einen glücklichen Eindruck? Hast du das Gefühl, dass ihn irgendwas fehlt? Kann er mit Kompromissen umgehen oder wenn er mal abwarten muss? Kann er eure Bedürfnisse verstehen und seine für eine gewisse Zeit zurück stellen?

Es ist doch, wie es ist und du bzw ihr könnt euer Kind trotzdem zu einem glücklichen Menschen heranwachsen lassen. Er kann ja gar nicht beurteilen, ob ihm etwas fehlt, weil er es doch gar nicht anders kennt.

Solange du den Eindruck hast, dass es deinem Sohn gut geht, wird er keinen Schaden davon tragen 🙂

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Danke für deine Antwort.

Die Wahrscheinlichkeit, dass er noch Cousinen oder Cousins bekommt, ist eher gering. Zumindest in der nächsten Zukunft sieht es nicht so aus, da unsere Geschwister entweder keine festen Partner haben oder kein Kinderwunsch vorhanden ist.

Unsere eigene Familienplanung ist abgeschlossen.

Ja, er ist meistens glücklich und ausgeglichen. Er kann auch meistens ganz gut warten.

Manchmal denke ich nur, dass er in seinem weiteren Leben mehr Kompromisse eingehen muss, weniger Aufmerksamkeit von seinem Umfeld erhalten wird als jetzt von uns, er vielleicht mehr unerfüllte Wünsche haben wird und dass wir ihn nicht wirklich darauf vorbereiten.

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Und für all das habt ihr ihm nun einen Riesenvorschuss gewährt. Er hat(te) soviel Aufmerksamkeit, dass er bestimmt auch mal abwarten kann. Wünsche nicht zu erfüllen…. Also selbst meine Wünsche vom weihnachtlichen Wunschzettel wurden in der Regel vom Christkind erfüllt.
Trotzdem habe ich nie eine große Erwartungshaltung entwickelt. Kompromisse wird er eingehen können, weil er es „versteht“. Auch in eurem Alltag wird er Kompromisse eingehen müssen, oder kannst oder willst du ihm wirklich jedes Bedürfnis auf die Minute genau erfüllen?
Worüber ich mir eher Gedanken machen würde wären Durchsetzungsvermögen und Konfliktverhalten. Wie soll er lernen, sich durchzusetzen, wenn er nur einmal etwas äußern muss und schon springen alle nach seiner Pfeife? Um es überspitzt auszudrücken.
Wir leben nunmal auch in einer Ellenbogen Gesellschaft und Kinder müssen sich leider auch manchmal zur Wehr setzen.

Aber all das kommt. Ist er noch 4 oder war schon 5?
Er geht in den Kiga, hat dort soziale Kontakte und bestimmt auch mal den ein oder anderen Konflikt.
Dort berieten sich die Kinder quasi im Spiel auf das Leben vor.
Wenn du dir große Sorgen machst, bitte die Erzieherinnen um ein Gespräch und ihre Einschätzung und Unterstützung.
Ich denke wenn sie sich Sorgen machen würden, hätten sie schon längst einen Termin mit euch ausgemacht 🙂

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Puh also das sind jetzt ziemlich verschiedene Themenbereiche, die du da ansprichst, die für mich auf den ersten Blick nicht unmittelbar zusammenhängen.
Ist es denn so ungewöhnlich, dass man sich im Kindergartenalter noch nicht wirklich mit Freunden verabredet? Ich mein, dein Sohn ist (noch) 4. - Kinder lernen doch erst mit 2-3 Jahren (nagel mich nicht auf die Zahl fest, jedenfalls spät), was Freundschaft und mit anderen spielen überhaupt bedeutet. Ich kann mich auch nicht dran erinnern, dass mein Bruder und ich uns so super viel verabredet hätten in dem Alter. Das waren dann eher Nachbarskinder, mit denen man dann irgendwann angefangen hat, zu spielen. Was findest du überhaupt so beunruhigend daran? Zeit zum Freunde fürs Leben finden ist für mich die Schulzeit.
Ich weiß auch nicht, was das mit dem Thema Verein zu tun hat. Soll er da Kontakte knüpfen? Finde ich auch früh. Du sagst ja selbst, dass dein Sohn nach dem Kiga eher Ruhe braucht. Völlig nachvollziehbar. Kein 4 jähriges Kind muss dann auch noch nachmittags in Vereine geschleppt werden, wenn es kein Verlangen danach hat. Auch sowas beginnt für mich eher im Grundschulalter.
Ob dein Kind charakterliche Defizite bekommen wird, weil ihr ihm jeden Wunsch von den Augen ablest, kann man auf Grundlage des Posts auch nicht beurteilen. Da kommt es für mich auf die Sachen an und auf die Art und Weise, wie ihr damit umgeht. Das kann man nicht pauschalisieren.

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Danke für deine Antwort.

An ein Netzwerk aufbauen und Freunde fürs Leben finden, habe ich nicht gedacht, sondern eher an das Erlernen gewisser Fähigkeiten.

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Ich würde einfach zu Hause darauf achten, dass die Bedürfnisse aller Familienmitglieder (also Eltern und Kind) gleichermaßen ernst genommen werden und das er lernt, sich auch mal nach euch zu richten und vor allem eure Grenzen zu respektieren. Was die Verwandtschaft macht, könnt ihr nur wenig beeinflussen und die Anzahl an Geschenken wird nicht so maßgebend für seine Entwicklung sein.
Ansonsten lernt er diese Dinge (Rücksichtnahme etc.) ja auch im Kindergarten und später in der Schule.

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Ich kann es nur aus Erwachsenensicht schildern.
Ich war selbst bis 10 Jahre das einzige Kind in der Familie und habe tatsächlich das Problem mit dem Durchsetzen, was aber eher an dem extremen Machtgefüge lag, bzw an extremer Hierarchie und ich generell an allem Schuld war. Hatte ich Probleme mit Freunden in Kindergarten und Schule, gab es für mich keine Lösungsansätze, sondern nur "das wird wohl an dir liegen"...

Dann hatte ich mal einen Partner, der war auch sowohl mütterlicherseits als auch väterlicherseits das einzige Kind. Und er hatte überhaupt kein Problem seine Meinung kund zu tun und sich durchzusetzen. Nicht auf unangenehme Art und Weise, sondern er hat einfach zu dem gestanden, was ihm wichtig war. Kompromisse sind ihm manchmal schwer gefallen, aber er hat sich wirklich darum bemüht. Bei ihm war eher das Problem, dass er nicht, oder extrem spät erwachsen geworden ist. Weil er immer jemanden hätte, der ihn "unterstützt" hat, bzw sich um ihn gekümmert hat.
Das sehe ich aus meiner Sicht als größere Gefahr. Dass wenn sich so viele Leute um ihn bemühen, dass er immer jemanden hat, der seine Probleme löst.

Also wenn ein Kind liebevoll und wertschätzend aufwächst ist es gut möglich, dass er später trotzdem gut Konflikte lösen kann. Und es ist auch viel Charaktersache. Nicht jeder ist extrovertiert, auch Kinder nicht.
Das einzige wo man sicher aufpassen muss, dass dein Sohn euch nicht gegeneinander ausspielt (jetzt noch nicht, aber später) du kaufst mir das nicht, dann geh ich eben zu Oma, Tante, Onkel.
Das haben wir im Freundeskreis meiner Mutter auch erlebt, wo das Kind nur mit dem Finger schnippen musste und die Großeltern haben jeden Wunsch erfüllt. Er ist aufgewacht, war aber für alle Beteiligten ein schmerzhafter Prozess.

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Danke für deine Antwort. Es stimmt, dass vieles auch an der Familienstruktur, dem Charakter und der Erziehung liegt. Du nennst nicht alles davon, aber ich lese aus deinem Text raus. Es tut mir leid, dass dir von deiner Familie das Gefühl vermittelt wurde, es läge immer an dir. Das hatte bestimmt negative Auswirkungen auf dein Selbstwertgefühl. Dass wenn sich so viele Leute um ihn bemühen, dass er immer jemanden hat, der seine Probleme löst.

"Dass wenn sich so viele Leute um ihn bemühen, dass er immer jemanden hat, der seine Probleme löst."

Da hast du Recht. Das ist eine Gefahr.

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Hallo,

unser Einzelkind ist inzwischen 15 Jahre alt und war sehr lange auch das einzige Kind in der Familie. Die Kinder meines Bruders sind erst 7 und 3,5 Jahre alt, mein Mann hat keine Geschwister.

Er hatte also jahrelang den Luxus Omas und Opa, Uroma und Uropa nicht teilen zu müssen. Diese haben sich auch immer gern mit ihm beschäftigt und gekümmert.
Allerdings hatte er auch immer viele Freunde und mit diesen wurde sich nach dem Kindergarten auch verabredet. Zudem war einmal in der Woche Schwimmkurs (seit der Babyzeit)

Natürlich hatte er auch von uns mehr Aufmerksamkeit, als mit Geschwistern. Das ist einfach so, abwarten hat er trotzdem gelernt. Bei den Geschenken waren wir auch sehr hinterher das es keine Eskalation gibt. Da sein Geburtstag allerdings im Mai ist, war der Abstand zu Weihnachten ideal.

Heute kann ich sagen das wir, glaube ich, nicht all zu viel falsch gemacht haben. Er ist in der Pubertät (mal mehr mal weniger), aber dies auch eher angenehm. Egal von wo, bekommen wir oft die Rückmeldung wie hilfsbereit und höflich er ist (Familie, Verein, Schule). Er kann seine Meinung vernünftig vertreten, aber auch die von Anderen akzeptieren.

Euer Sohn ist vom Charakter halt eher ein ruhiger der mit dem Trubel im Kindergarten ausgelastet ist. Das muss in den nächsten Jahren ja nicht so bleiben und wenn ist es nicht schlimm, solange er zufrieden damit ist.

LG
Tanja

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Ich bin zwar nicht der einzige in dem Teil der Familie, mit dem wir Kontakt haben, aber meine Cousine und mein Cousin sind wesentlich älter, so dass es für mich im Wesentlichen ähnlich war. Hat er denn Leidensdruck? Für mich liest es sich so, als sei er introvertiert und brauche entsprechend z.B. nach dem Kindergarten Zeit für sich. Ich war auch so als Kind. Extrovertiertheit wird in unserer Gesellschaft als positive Eigenschaft gesehen, Introvertiertheit eher weniger. Aus meiner Sicht sind das gleichberechtigte Charakterzüge, die jeder in unterschiedlichem Ausmass hat.

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Danke für deine Antwort. Er ist meistens zufrieden. Laut Erzieherinnen auch im Kindergarten, obwohl er da morgens meistens nicht hin möchte. Ich denke halt, dass er als Kind, das meistens unter Erwachsenen ist, manche Dinge (zurückstecken, Konfliktfähigkeit etc.) schlechter lernt.

"Extrovertiertheit wird in unserer Gesellschaft als positive Eigenschaft gesehen, Introvertiertheit eher weniger. Aus meiner Sicht sind das gleichberechtigte Charakterzüge, die jeder in unterschiedlichem Ausmass hat."

Ich stimme dir zu. Ich möchte ihm auch auf keinen Fall das Gefühl geben, dass er in irgendeiner Weise "falsch" wäre.

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Möglicherweise zieht ihr da ein Kind groß, welches meinem Mann charakterlich ähnelt 😅- er war auch das einzige Kind in der näheren Familie und ihm wurde diese Ruhemöglichkeit total gerecht. Er brauchte das (eigentlich heute noch wenn’s geht 😉).

Unsere Tochter ist gleich alt wie euer Sohn und wieder das einzige Kind in der Familie. Sie ist allerdings sehr gesellig und ich versuche dem auch gerecht zu werden, indem sie sich oft verabreden darf. Sie wäre wohl auch in einer Großfamilie happy, aber meinem Gefühl nach geht es ihr auch jetzt ziemlich gut. 😊